Zu Lebzeiten das Haus vererben – Teil 1

Dass das Verschenken des Eigenheims insbesondere im Falle eines späteren Alters- oder Pflegeheimeintritts des Schenkenden unangenehme finanzielle Konsequenzen für alle Beteiligten mit sich bringen kann, haben wir in einem der letzten Graf & Partner Blogs (Besser nachdenken vor dem Schenken) lesen können.

Falls Sie dennoch planen, Ihr Haus oder Ihre Wohnung frühzeitig an die Nachkommen zu übertragen, gibt es ein paar wesentliche Aspekte, die Sie vorab familienintern und mit Unterstützung eines Fachmanns besprechen sollten. So können Sie erbrechtlichen, steuerlichen und womöglich auch zwischenmenschlichen Unannehmlichkeiten vorbeugen.

Wer sein Haus vorzeitig an nächste Generationen vererben möchte, kann dies auf verschiedene Arten tun:

1. Verkauf zum Verkehrswert:

Man lässt das Haus durch den Fachmann schätzen und bestimmt so, wie viel es bei einem Verkauf auf dem freien Markt höchstwahrscheinlich einbringen würde. Zu diesem sogenannten «Verkehrswert» wechselt das Objekt dann seinen Besitzer bzw. von Alt zu Jung.

Beispiel: Das Haus hat einen ermittelten Verkehrswert von CHF 800'000.-. Abzüglich der Hypothek von CHF 300'000.-, welche der Käufer übernimmt, werden somit der Verkäuferin noch CHF 500'000.- entrichtet.

2. Gemischte Schenkung: Verkauf unter dem Verkehrswert

Soll das Objekt den Nachkommen unter dem tatsächlichen Marktwert überlassen werden, spricht man von einer gemischten Schenkung.

Beispiel: Der ermittelte Verkehrswert beträgt CHF 800'000.-. Das Objekt wird jedoch zum Vorzugspreis von CHF 600'000.- überlassen. Dies käme einer Schenkung im Umfang von CHF 200'000.- gleich, die dann beim Ableben des Verkäufers als Erbvorbezug angerechnet wird. Dazu käme eine allfällige zwischenzeitliche Wertsteigerung des Objekts, welche gegenüber den anderen Erben ausgeglichen werden müsste (vergl. Abschnitt Vollständige Schenkung/Erbvorbezug).

3. Vollständige Schenkung/Erbvorbezug:

Soll das Objekt völlig unentgeltlich an Nachkommen überschrieben werden, gibt es zwei Varianten:

Erbvorbezug:

Beispiel: Einer der gesetzlichen Erben erhält das Haus im Wert von CHF 800'000.- und übernimmt die Hypothek in der Höhe von CHF 300'000.-. Das Erbe beträgt somit CHF 500'000.-. Ein gleich hoher Betrag müsste dann an den zweiten Begünstigten ausbezahlt werden.

Bei einer vorzeitigen Überschreibung des Objekts wird dieses dem Erbteil des Begünstigten zugerechnet. Dabei ist der Liegenschaftswert zum Todeszeitpunkt massgebend. Hat das Haus dann beispielsweise einen Wert von einer Million, muss der Begünstigte den weiteren gesetzlichen Erben den zwischenzeitlich erfolgten Mehrwert ausgleichen (Ausgleichspflicht). In unserem Beispiel müsste somit bei einem Mehrwert von CHF 200'000.- ein Ausgleich von CHF 100'000.- an den zweiten Erben entrichtet werden. Diese Zahlung entfällt nur bei einer entsprechenden vertraglichen Regelung.

Schenkung:

Auch die Schenkung birgt einiges an Konfliktpotenzial. Werden die Pflichtteile verletzt, können die Benachteiligten ihren Anteil einklagen. Jede erbberechtigte Partei hat Anspruch auf mindestens drei Viertel ihres gesetzlichen Erbanteils. Hat die Liegenschaft also mehr Wert, als es dem Beschenkten zusteht, wird wiederum eine Ausgleichszahlung gegenüber den übrigen Erbberechtigten fällig.

Unstimmigkeiten lassen sich problemlos verhindern, wenn Erblasser und Erben bei Zeiten einen Erbvertrag abschliessen und darin alles verbindlich regeln.

Der Vertrag zur Eigentumsübertragung wie auch ein Erbvertrag müssen durch einen Notar öffentlich beurkundet werden.

Auch wenn eine für alle Involvierten befriedigende Lösung gefunden wird, können sich weitere Fragen stellen. Beispielsweise: Was, wenn die Eltern das Eigenheim zwar vorzeitig überschreiben, aber dennoch noch einige Jahre darin wohnen bleiben möchten?

Welche Optionen sich in einem solchen Fall anbieten und wie das vertraglich geregelt werden kann, lesen Sie in der nächsten Folge (Teil 2) dieses Blogs.

Autor: Manuel Liniger