Wie komme ich zu meinem Haus, wenn keine Strasse hinführt?

Baureif und damit für die Bewilligung eines Bauvorhabens offen ist ein Grundstück unter anderem nur dann, wenn es erschlossen ist. Zur Erschliessung gehört neben den Leitungen für Energie, Wasser und Abwasser in erster Linie die Zugänglichkeit. Ist diese nicht durch eine öffentliche Strasse gegeben, welche an das Grundstück führt, wird diese in der Praxis mit einer Dienstbarkeit, dem Wegerecht gesichert. Manchmal entsteht der Bedarf eines Wegrechts auch durch andere Umstände bzw. Veränderungen.

Ein Wegerecht ist somit erforderlich, wenn ein Hausbesitzer nicht zu seinem Grundstück gelangt, ohne ein anderes Grundstück zu überqueren. Normalerweise wird schon bei der Zuteilung der Grundstücke eine Eintragung im Grundbuch vorgenommen. Man spricht dann von einem Dienstbarkeitsvertrag. Es kann aber auch aus Bequemlichkeitsgründen gegeben sein. Ein Gewohnheitsrecht am Wegerecht gibt es aus juristischer Sicht nicht. Auch nach jahrzehntelanger Nutzung eines Zugangswegs über ein anderes Grundstück darf jeder Grundstücksbesitzer frei entscheiden, wer auf seinem Grundstück welche Rechte erhält. Er kann einem Nachbarn das Betreten also ohne Angabe von Gründen auch kurzfristig verweigern.

Eintragung im Grundbuch sichert Bestand

Durch eine Eintragung des Wegrechts im Grundbuch sichern sich beide Nachbarn auf juristischem Weg ab. Die berechtigte Partei hat dann einen verbrieften Anspruch darauf, dass sie das entsprechende Grundstück betreten darf. Dieser Anspruch bleibt bestehen, auch wenn es zu einem Eigentümerwechsel kommt. Ohne diesen Grundbucheintrag kann ein Wegerecht natürlich ebenfalls vereinbart werden. Dazu wählt man einen schriftlichen Vertrag, der von beiden Parteien unterschrieben wird. Wenn aber der Wegrechtsgeber sein Haus veräussert, greift diese Vereinbarung nicht mehr. Sie gilt nämlich nur für die beiden Parteien, die den Vertrag unterschrieben haben. Der neue Hauseigentümer kann auch nach jahrelanger Ausübung des Wegrechts verbieten, sein Grundstück zu betreten.

Klare Bezeichnungen und Wortlaute schützen vor Missverständnissen

Nach einem Eintrag im Grundbuch hat der Belastete die Pflicht, alles zu unterlassen, was die Ausübung des Wegrechts verhindert oder erheblich erschwert. Verbarrikadierungen, Schranken, Gräben etc. gehen also nicht. Ein klarer Wortlaut und Planbeilagen mit Vermassungen schützen vor Überraschungen, da es auch unterschiedliche Wegrechte gibt: Bei einem Fusswegrecht kann zum Beispiel nur begangen, also nicht einmal mit dem Fahrrad befahren werden. Ein Fuss- und Fahrwegrecht ermöglicht das Durchfahren - das Parkieren, Güterumschlag und Wenden hingegen sind hier noch nicht freigegeben.

Notwegrecht als Besonderheit

Vom Wegerecht zu unterscheiden ist das Notwegrecht. Es gilt für ausserordentliche Fälle, wenn es durch eine Änderung der Verhältnisse für den Eigentümer nicht mehr anders möglich ist, zu seinem Grundstück zu gelangen, sodass er das benachbarte Land zwingend betreten muss. Die Gründe können sich ergeben durch die Verlegung einer öffentlichen Strasse, einer veränderten Parzellierung oder auch Umstände durch Naturgewalten. Die Rechte und Pflichten von beiden Parteien werden immer am besten durch einen Dienstbarkeitsvertrag geregelt, damit es später nicht zu Differenzen aufgrund von Unklarheiten kommt. Sofern sich der Eigentümer nicht bereit erklärt, dieses durch die äusseren Umstände gegebene Wegerecht zu gewähren, ist es an den Gerichten, über die Berechtigung des Anspruchs zu entscheiden.

Das belastete Grundstück bzw. der Wegrechtgeber darf Entschädigung verlangen

Die Entschädigung fällt an, weil dem Wegrechtgeber durch die Gewährung des Rechts eine Wertminderung seines Grundstückwerts entsteht. Für diese Wertminderung hat der begünstigte Wegrechtberechtigte den Geber zu entschädigen. Die Kosten für den Eintrag ins Grundbuch gehen zu Lasten des Berechtigten. Wenn der neue Weg auch vom Eigentümer genutzt wird, hat er sich dagegen an den Auslagen für die Eintragung zu beteiligen. Die Instandhaltung, Erneuerung und Reinigung des Wegs sollte ebenso im Dienstbarkeitsvertrag geregelt werden. Sofern keine Verabredung getroffen wurde, hat derjenige für den Unterhalt des Weges zu zahlen, der ihn tatsächlich benutzt, um zu seinem Grundstück zu gelangen. Falls beide Parteien den Zugang benutzen, werden die Kosten wiederum aufgeteilt. Massgeblich ist dabei das Verhältnis, in dem beide Nachbarn den Weg benutzen.

Fazit

Durchdachte Vereinbarungen und ein entsprechender Eintrag im Grundbuch schaffen klare Verhältnisse. Mit einer eingetragenen Dienstbarkeit (Servitut) bereinigt man oder schützt sich weitgehend vor künftigen Auseinandersetzungen. Auch für spätere Eigentümerinnen und Eigentümer wird Rechtssicherheit geschaffen, welche durch einen früheren "Handschlag" nicht gewährleistet ist. Besonders bei einem Verkauf, können nicht geregelte Dienstbarkeiten sich als wahre Fussangeln entpuppen.

Autor: Patrizia Pellandini