Liegenschaftsverkauf bei Urteilsunfähigkeit
Über 90jährige halten Vorträge, schreiben Bücher und schliessen Verträge ab. Sie sind ein tolles Beispiel und machen Mut. Es gibt jedoch Menschen, welche schon viel früher Unterstützung und Schutz - insbesondere bei Rechtsgeschäften - brauchen.
Im Leben ist vieles möglich. Die Hauseigentümerin, welcher bis anhin allein in der eigenen Liegenschaft gewohnt hat, wird zunehmend dement. Ein Ehemann erleidet einen Hirnschlag. Seine Frau möchte das gemeinsame Einfamilienhaus verkaufen und in eine pflegegerechte Wohnung umziehen. Die gleichen Erfordernisse könnten sich aufgrund anderer Umstände wie einer schweren Krankheit oder eines Unfalls stellen.
Ob Allein- oder Miteigentümer einer Liegenschaft, kann sich ein Verkauf in einer solchen Situation als hürdenreich erweisen. Ausschlaggebend ist die Urteils- und Handlungsfähigkeit. Erscheint die Urteilsfähigkeit einer beteiligten Person ungewiss, verlangt die Urkundsperson ein Handlungsfähigkeitszeugnis. Ein Handlungsfähigkeitszeugnis bestätigt, ob eine Meldung über eine errichtete umfassende Beistandschaft, über eine errichtete Beistandschaft mit Einschränkung der Handlungsfähigkeit oder ein wirksam gewordener Vorsorgeauftrag vorliegt.
Ein Arztzeugnis (wird verlangt ab 80 Jahren) kann im Zweifelsfall Aufschluss geben, ob die betroffene Person die Tragweite eines Liegenschaftsverkaufs erfasst und ihre Handlungsfähigkeit in dieser Hinsicht nicht eingeschränkt ist. Im anderen Fall wäre von der Kindes- und Erwachsenen¬schutzbehörde KESB eine Beistandschaft einzurichten. Diese kann sich auf Teilbereiche wie hier den Verkauf des Eigenheims beschränken.
Geschäfte mit Liegenschaften einer verbeiständeten Person sind genehmigungspflichtig, und die Zustimmung ist an Voraussetzungen geknüpft. So wird der Verkauf von der KESB nur gestattet, wenn es die Interessen der betreuten Person erfordern und eine Notwendigkeit zur Veräusserung besteht. Es muss ein Schätzergutachten eingeholt und die Liegenschaft öffentlich ausgeschrieben werden. Und all dies kostet.
Durch dieses Verfahren werden die Interessen der Beteiligten, namentlich der betroffenen Person, allfälliger Miteigentümern und Nachkommen tangiert. Darum empfiehlt sich, in «guten Zeiten» d.h. so wir urteils- und handlungsfähig sind, einen Vorsorgeauftrag aufzusetzen, welcher z.B. bestimmt, wer im Ernstfall unsere finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten regeln darf, und notariell beglaubigen zu lassen. Dieser kann eine Vertrauensperson im Fall einer Urteilsunfähigkeit ermächtigen, einen Verkauf vorzunehmen. Gleiches erreicht man mit einer Vollmacht, wobei diese bereits ab Erteilung Gültigkeit hat.
Autor: Patrizia Pellandini