Besser nachdenken vor dem Schenken!

«Ich übertrage bereits heute mein Haus an meine Tochter und überweise ihr einen Teil meines Ersparten, damit mein hart erarbeitetes Vermögen bei einem allfälligen Eintritt ins Alters- oder Pflegeheim vor dem «Zugriff des Staates» geschützt ist. Liegt die Schenkung nämlich 5 Jahre oder mehr zurück, gibt es keinen Rückgriff mehr und der Staat finanziert meinen Heimaufenthalt.»

Falsch. Dieser Irrtum ist noch immer weit verbreitet und kann sowohl für den Schenker wie auch für den Beschenkten unangenehme Folgen haben. Hier erfahren Sie, welche das sind.

Die Kosten für einen Heimaufenthalt sind bekanntlich nicht ganz günstig. Monatliche Beiträge in der Höhe von 6'000 bis 8'000 Franken sind nicht aussergewöhnlich. In teureren privaten Heimen mit überdurchschnittlichem Komfort und Serviceleistungen sind sie meistens sogar noch höher.

Grundsätzlich sollten diese Heimkosten aus den laufenden Einkünften wie der AHV-Rente, der Pensionskassen-Rente und allfälligen Vermögenserträgen finanziert werden können. Reicht das jedoch nicht aus, können Ergänzungsleistungen (EL) beantragt werden. Dabei wird aber auch verlangt, dass der Antragssteller einen Teil seines Vermögens zur Deckung der Heimkosten einsetzt. Das Vermögen wird bei der EL-Berechnung bis zur sogenannten «Vermögens-Freigrenze» mitberücksichtigt (Vermögensverzehr). Dieser Betrag darf nicht angetastet werden. Für Alleinstehende beträgt dieser 37'500 Franken, für Ehepaare 60'000 Franken. Übersteigende Beträge werden gemäss den Vorgaben der kantonalen Behörden zur Deckung der Heimkosten herangezogen.

Ergänzungsleistungen: Keine Verjährung für verschenktes Vermögen

Die für Ergänzungsleistungen zuständigen Stellen behandeln Schenkungen als «freiwilligen Vermögensverzicht». Sie werden den Eltern wie noch vorhandenes Vermögen angerechnet. Weil bei Schenkungen keine gesetzliche Verjährungsfrist vorgesehen ist, berücksichtigen die Behörden auch Vermögensabtretungen, die zehn oder mehr Jahre zurückliegen. Immerhin: Schenkungen sind bis zu einem gewissen Betrag erlaubt und je länger die Schenkung her ist, desto höher ist der erlaubte Abzug.
Die Behörde nimmt an, dass das Vermögen in normalem Umfang verbraucht wurde. Seit 1990 werden deshalb beim Anrechnen des verschenkten Vermögens pro Jahr 10'000 Franken abgezogen, jedoch erst ab dem zweiten Jahr nach der Schenkung.

Verwandtenunterstützungspflicht

Wer sein Eigenheim verschenkt, kann es so zwar vor dem Zugriff des Staates schützen, aber: Fehlt das Geld, um die Pflege- oder Altersheimkosten zu zahlen, greift nicht einfach die Sozialhilfe. Die Behörde prüft, ob eines der Kinder oder Enkelkinder in sehr guten finanziellen Verhältnissen lebt. Falls ja, können eine oder mehrere Personen zu regelmässigen Beiträgen an den Unterhalt des Betreuten verpflichtet werden, unabhängig davon ob eine Schenkung oder ein Erbvorbezug in Anspruch genommen wurde.

Diese Beiträge stützen sich auf die sogenannte «Verwandtenunterstützungspflicht», welche im Zivilgesetzbuch niedergeschrieben ist. Wenn keine Einigung über den Betrag zustande kommt, entscheidet das Gericht.

Dabei bedingt eine Verwandtenunterstützung, dass das steuerbare Einkommen folgende Beträge übersteigt:

- Alleinstehende: 120'000 Franken pro Jahr

- Verheiratete: 180'000 Franken pro Jahr

- Pro Kind (minderjährig od. in Ausbildung): zusätzlich 20'000 Franken pro Jahr

In das Einkommen wird auch ein Vermögensverzehr einberechnet. Vom steuerbaren Vermögen sind folgende Freibeträge abzuziehen:

- Alleinstehende: 250'000 Franken

- Verheiratete: 500'000 Franken

- Pro Kind (minderjährig od. in Ausbildung): 40'000 Franken

Vom übersteigenden Teil wird ein Vermögensverzehr von zwischen 1/60 (bei unter 30-Jährigen) und 1/20 (bei über 60-Jährigen) eingerechnet.

Liegt das steuerbare Einkommen resp. Vermögen über diesen Richtwerten, besteht also die Möglichkeit, dass auch Verwandte (in der direkten Linie) zur Kasse gebeten werden.

Was zu Beginn sehr einfach klang, ist in der Praxis eine sehr komplizierte Angelegenheit mit diversen Stolpersteinen. Voreiliges Handeln kann schnell wie ein Boomerang auf die Beteiligten zurückfallen und erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich bringen.

Falls Sie also im Sinne haben, Ihr Haus oder andere Vermögensteile (mit oder ohne Hintergedanken) kostenfrei an Ihre Kinder abzutreten, ist eine professionelle Beratung mit Sicherheit empfehlenswert.

Weitere wichtige Informationen zu diesem Thema finden Sie auf folgenden Webseiten der AHV-IV (https://www.ahv-iv.ch/p/5.01.d) und der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS (https://richtlinien.skos.ch/).

Autor: Manuel Liniger